Same procedure as every day… Der Wecker klingelt, man wälzt sich aus dem Bett und startet die alltägliche Morgenroutine. Damit man nicht versehentlich im frühmorgendlichen Halbschlaf ins Leere kämmt oder sich versehentlich mit der Zahnbürste ein Auge aussticht, vollführt man diese Verrichtungen vor einem Spiegel. Das Spiegelbild macht ja das Gleiche wie man selbst. Doch halt ! Irgendwas ist hier verkehrt… Ganz das Gleiche ist es nicht: Das Spiegelbild, der Schelm, hält die Zahnbürste in der anderen Hand !
Logischerweise befindet sich in der Welt hinter dem Spiegel alles gegenüber dem ungespiegelten Original: Die Hände mit der Zahnbürste sind augenscheinlich erst mal auf der selben Seite. Doch stellen wir uns vor, dass uns das Spiegelbild durch eine Scheibe anguckt und versetzen uns einmal in seine Rolle, dann hält es die Zahnbürste von seinem Standpunkt aus nicht in der linken, sondern in der Rechten Hand.
Es stellt sich die Frage: Warum vertauscht der Spiegel Rechts und Links, aber nicht Oben und Unten ? Eine Frage, die das sogenannte Spiegelparadoxon aufzeigt.
Wie lässt sich das Ganze erklären ? Nun, wir haben hier kein physikalisches Problem, sondern ein psychologisches. Der Spiegel vertauscht nicht wirklich, er reflektiert. Erst durch die Interpretation des von uns wahrgenommenen Bildes, gewinnen wir den Eindruck der Vertauschung. Bezugspunkt ist dabei die allgegenwärtige Schwerkraft, die den Zusammenhang von Oben und Unten vorgibt. Weswegen wir unterbewusst, wenn wir uns in das Spiegelbild hinein versetzen von einer 180 Grad Drehung um die senkrechte Achse ausgehen. Dies wäre der intuitive Weg „hinter den Spiegel“ zu kommen: Indem wir einfach um die Scheibe herum laufen. Wenden wir uns hingegen aber einfach um und schauen uns eine Person an, die direkt hinter uns steht und uns über die Schulter in den Spiegel blickt, dann sehen wir deren linke Hand natürlich zu unserer Rechten.
Hinten ist Vorne, und Vorne ist Hinten…
Zeigen wir mit dem Finger in eine Richtung (oben/unten, rechts/links) deutet das Spiegelbild in die selbe Richtung. Das es dabei die andere Hand benutzt ignorieren wir mal. Deuten wir jedoch mit unserem Finger in Richtung des Spiegels (also senkrecht zur Spiegelebene), dann weist das Spiegelbild in die entgegengesetzte Richtung. Vorne und Hinten sind also vertauscht.
Hieraus resultiert auch, dass ein Kreisel und sein Spiegelbild sich in gegenläufige Richtungen bewegen. Der Spiegel vertauscht also auch den Drehsinn.
Der Drehsinn der Natur
Nun könnte man dies als nette Denksportaufgabe für Geometriefreaks abhaken, jedoch besitzt das Ganze weitreichende Bedeutung für uns alle: Angefangen vom Hobby-Heimwerker bis hin zur Pharmazie und zu biologischen Prozessen.
In einer idealen Welt wäre alles symmetrisch. Im Spiegel wären Bild und Spiegelbild identisch. Kompliziert wird es, wenn wir asymmetrische Dinge betrachten. Nehmen wir z.B. unsere Hände: Links ist wo der Daumen rechts ist, Rechts dort wo der Daumen links ist. Eine Hand ist spiegelbildlich zur anderen. Greifen wir nach einem runden (symmetrischen) Türknauf, ist es egal mit welcher Hand wir zulangen. Beide können ihn gleichermaßen gut packen. Versuchen wir jedoch einem Mitmenschen die Hand zu schütteln, gelingt dies nur, wenn er uns die selbe Hand reicht: Links zu Links, Rechts zu Rechts. Ergo: Würden wir versuchen unserem Spiegel-Ich die Hand zu reichen, würde dies nicht gelingen, weil die entgegen gestreckten Hände nicht ineinander passen würden (Links ≠ Rechts). Aufgrund des sehr anschaulichen Beispiels mit den Händen, spricht man von diesem Phänomen, wenn Bild und Spiegelbild aufgrund ihres vertauschten Drehsinns nicht deckungsgleich sind, von Chiralität (griechisch χείρ cheir, Hand).
Ein anderes Beispiel ? Schrauben. Diese besitzen ein Gewinde mit einem bestimmten Drehsinn. In ein simples Loch lassen sich alle Schrauben drehen, unabhängig von ihrem Gewinde. Besitzt das Loch jedoch selbst ein Gewinde, passt dort nur eine Schraube mit einem passenden Drehsinn.
Dieser Effekt tritt z.B. bei Molekülen auf, wenn an einem Kohlenstoff vier unterschiedliche Substituenten gebunden sind. Wie eine Schraube können sie in zwei unterschiedlichen Formen (Enantiomeren) auftreten. Ein besonders relevantes Beispiel aus der Natur: Aminosäuren.
Besonders relevant deswegen, weil alle Organismen in der Natur zu einem großen Teil aus Proteinen bestehen, welche wiederum aus Aminosäuren aufgebaut sind. Und eben weil die Aminosäuren mit einem bestimmten Drehsinn auftreten, tragen sie zu einem bestimmten räumlichen Aufbau unserer Proteine bei. Dies führt wiederum dazu, dass bestimmte Proteine wie z.B. Rezeptoren oder Enzyme bevorzugt mit einem bestimmten Enantiomer ihres Zielmoleküls interagieren. Das bedeutet, dass verschiedene Enantiomere eine unterschiedliche biologische Wirkung haben können, wie z.B. einen unterschiedlichen Geschmack, Geruch oder pharmazeutische Wirkung. Ein interessantes Beispiel ist z.B. Carvon, dessen (S)-Enantiomer nach Kümmel und dessen (R)-Enantiomer nach (Krause)Minze riecht.
Während nun dieser Effekt beim Carvon eher eine Frage des persönlichen Geschmacks ist, gibt es Bereiche wie die Entwicklung von pharmazeutischen Wirkstoffen, bei denen ein solcher Unterschied zwischen Enantiomeren durchaus bedeutsam sein kann.
Enantiomere in der Pharmazie
Die meisten chemischen Reaktionen sind ziemlich unselektiv, was Enantiomere angeht. Beide Formen des Zielmoleküls fallen in Form eines 1:1 Gemischs (Racemat) an.
Da sich Wirkstoff und Rezeptor durch ihre dreidimensionale Struktur wie Schlüssel und Schloss zu einander verhalten, ist es also nicht verwunderlich, dass ein Enantiomer (das sog. Eutomer) eine deutlich stärkere Wirkung hervorruft, als das andere Enantiomer (das sog. Distomer). Im einfachsten Fall bedeutet dies, dass ein solches Racemat ein um 50% verdünnter Wirkstoff ist: 10 mg Racemat entsprechen 5 mg reinem Wirkstoff.
Doch gilt es nicht nur die gewünschte Wirkung zu betrachten: Das Distomer kann trotzdem sehr wohl noch Nebenwirkungen auslösen (oder einen gänzlich anderen Rezeptor ansprechen). Es kann also zutreffender sein bei einem Racemat nicht von Verdünnung, sondern von 50% Verunreinigung zu sprechen !
Es gehört daher heutzutage zum Pflichtprogramm bei der Wirkstoffentwicklung sich alle stereoisomere des Pharmazeutikums getrennt auf ihre Eigenschaften zu untersuchen. Die zusätzliche Mühe ein enantiomerenreines Präparat auf den Markt zu bringen kann sich auch lohnen, denn eine besser wirksame oder besser verträgliche Form eines Medikaments (im Vergleich zum Racemat) lässt sich zusätzlich patentieren !
Lange Rede, kurzer Sinn: Auch wenn uns das Spiegelbild im ersten Anschein bis aufs Haar gleicht, so kann es dennoch es faustdick hinter den Ohren haben !
Aus Anlass der aktuellen Umstände möchte ich mich heute mit einer in diesen schwierigen Zeiten wichtigen Ressource befassen. Nein, es geht nicht etwa um Gold oder andere kostbare Materialien (Kaviar, Diamanten, Drogen…), sondern um DIE Ressource im Zeitalter von CoVID-19 schlechthin: Klopapier, Toilettenrolle, Endlosserviette…
Unlängst sind die Regale im Einzelhandel gründlichst vom kostbaren Endlospapier beräumt. Es finden sogenannte Hamsterkäufe statt, es wird in aberwitzigen Mengen gehortet:
Als mir heute der freundliche Lieferfahrer vom Getränkeservice meinen Mineralwasservorrat wieder auffüllte, wurde ich auch darüber informiert, dass die Firma Flaschenpost.de noch in der Lage ist Toilettenpapier zu liefern, auch wenn es zu durchaus kuriosen Bestellungen kommt: So z.B. gestern geschehen, als der Herr Getränkefahrer einem Kunden 10 Kisten Selterswasser, sowie 10 Ballen Toilettenpapier ins Haus lieferte. Verrückt.
Klopapier im Wandel der Zeiten
Laut Definition handelt es sich dabei um „ein zur einmaligen Verwendung gedachtes saugfähiges, feingekrepptes Hygienepapier aus Zellstoff“.1,2 Also nichts, was unter Normalbedingungen besonders kostbar wäre. Aber da in einer Marktwirtschaft ja Angebot und Nachfrage den Preis regeln, kann so ein Alltagsgegenstand schon mal zu einem Luxusgut mutieren.
Historisch betrachtet ist das Konzept „Toilettenpapier“ so alt wie die Zivilisation. Bereits in archäologischen Funden aus der Hallstattkultur der späten Eisenzeit finden sich Indizien, dass sich die damaligen Menschen, wenn auch nicht mit Papier, so doch mit Pestwurzblättern den Hintern nach erfolgreicher Verrichtung abgewischt haben. Der erste schriftliche Beleg kommt dann aus dem alten China, wo im 6. Jahrhundert der Gelehrte Yan Zhitui schreibt: „Ich würde es nie wagen, Papier mit Zitaten oder Kommentaren aus den Fünf Klassikern oder Namen von Weisen darauf für die Toilette zu verwenden“
Im Gegenzug schreibt ein Reisender im 9. Jahrhundert über die Chinesen: „Sie (die Chinesen) sind nicht sehr sorgfältig mit Sauberkeit, und sie waschen sich nicht mit Wasser, wenn sie ihr Geschäft erledigt haben, sondern wischen sich nur mit Papier ab.“ Dabei wirken die Reinigungsrituale andern Ortes deutlich kruder: So kommen Lumpen (abgetragene Textilien), Schwämme, sowie lebendes Federvieh(!)3 zum Einsatz um sich damit den Allerwertesten abzuwischen. Die Frage, ob aus dieser Zeit auch die Beleidigung „Du Kackvogel !“ stammt, muss leider offen bleiben.
Aber die Verwendung von Textilien zu diesem Zwecke ist im Mittelalter verbreitet. Je nach sozialer Stellung entweder grob gewirkter Wollstoff für das Volk oder feineres Gewebe mit Seidenapplikation bei den Reichen und Mächtigen. Die Verwendung von Papier setzt sich erst mit der industriellen Papierfabrikation durch. Mit dem Übergang vom Plumpsklo zum Wasserklosett mit Anschluss an die Kanalisation steigen dann auch die Ansprüche an das Material, welches schließlich nicht Rohre oder Kanäle verstopfen soll. Erst als einzelne Blättchen in Schachteln verkauft, findet sich dann im Fachblatt der Papierhersteller, der Papier-Zeitung, um 1879 dann der erste schriftliche Hinweis auf gerolltes, perforiertes Endlospapier. Damals noch als simples, raues und vor allen Dingen einlagiges Krepp-Papier auf Rollen zu 1000 Blatt. Der Charmin-Bär mit seinem superflauschigen Papier würde das kalte Gruseln kriegen.
Erst die Firma Hakle holte das wesentlich weichere Tissue-Papier über den großen Teich aus den USA nach Westdeutschland. 1972 folgt das 2-lagige und 1984 das 3-lagige Klopapier. Mittlerweile, 2020, ist man längst beim 5-lagigen Papier angekommen.
In der DDR setzte man bis zur Wende weiter auf das Einlagige: „Nicht minder hart, [...]fällt das generationenübergreifende Verdikt über das Toilettenpapier im real existierenden Sozialismus aus: Immer wieder wird es als „rauh“, „hart“, „viel zu dünn“, sogar als „schmerzhaft“ (so eine 1981 Geborene) beschrieben“4
Von der Psychologie des Hamsters
Ja, weich wie ein Feder und doch stark und haltbar wie Leder sollte es sein, das perfekte Klopapier. Dies manifestiert sich dann in Markennamen wie z.B. „Sanft & Sicher“. Und wer sehnt sich in unsicheren Krisenzeiten nach Sicherheit, einem Stück sanfter Kuscheligkeit, die einem auf dem stillen Örtchen halt gibt ? Oder es ist eben die Sorge das die Befriedigung eines zutiefst menschlichen Grundbedürfnisses, nämlich sich nach einem ordentlichen Morgenschiss den Hintern blitzblank zu putzen, abrupt zum Erliegen kommen könnte, die den Menschen zu solchen Hamsterkäufen treibt. Tatsächlich, so kann man von Psychologen erfahren, gibt ein solcher Hamsterkauf ein Gefühl von Kontrolle. In Zeiten in denen vieles unsicher und ungewiss erscheint, nimmt man aktiv die Dinge in die Hand und tut etwas statt ergeben auf das Schicksal zu warten. Man zählt die Rollen ab, trägt diese Heim und hat das gute Gefühl zumindest ein Problem erfolgreich gelöst zu haben. Klopapier ist dabei ein besonders dankbares Hamsterprodukt, da es gut lagerfähig ist und anders als z.B. Hackfleisch oder frisches Gemüse, lange seinen Gebrauchswert behält. Wir empfinden es also gute Investition, denn ob Krise oder nicht, brauchen kann man es immer.
Dieses Phänomen ist aber historisch betrachtet längst kein Präzedenzfall. So kam es in den 1970ern während der Ölkrise in Japan zur „Toilettenpapier-Panik“. Man erwartete, dass mit der Beschränkung der Ölimporte auch eine Verknappung der Toilettenpapier-Vorräte einhergehen würde, was zu Hamsterkäufen führte. Nein, anders als das mittelalterliche Federvieh, blieben die japanischen Hamster vor Schlimmerem verschont, aber die Japaner kauften Papier, was das Zeug hält. Und die dadurch herbeigeführte künstliche Verknappung schien die Gerüchte nur zu bestätigen, was wiederum zu einer noch höheren Nachfrage führte. Merke: Je mehr Hamster, desto mehr Hamster. Oder: Nein, ich kaufe das nicht wegen der Angst vor der Krise, sondern weil ich Angst vor diesen ganzen Irrationalen Hamsterkäufern habe. Man weiß ja nie.
Die Japaner scheinen aber tatsächlich ein besonderes Verhältnis zum Toilettenpapier zu haben. Unabhängig von der Corona-Krise, im Jahre 2014 als noch Niemand von den aktuellen Ereignissen ahnte, rief die japanische Regierung im Zuge ihres Katastrophenpräventionstag die Bevölkerung auf Klopapier zu horten. Ja richtig gelesen – zu horten. Es sei ja hinlänglich bekannt, dass bei großen Katastrophen wie Erdbeben ein Mangel an nutzbaren Toiletten zum Problem werde. Nun mag sich der Deutsche denken: Ohne funktionierendes Klo nutzt mir das beste Papier nichts. Nun mag aber für einen Japaner, also einen Bewohner des Landes, in dem HighTech-Toiletten den Hintern des Benutzers automatisch abduschen, der Zustand „nicht benutzbar“ bereits bei Ausfall dieser Duschfunktion erreicht sein.
Was nun tun, wenn das Klopapier knapp wird
Gerade telefonierte ich mit einem Freund aus dem Hessischen. Dieser steht gerade vor dem akuten Problem, dass sein heimischer Vorrat wirklich nur noch aus einer einzelnen Rolle besteht und die Abteilung Hygieneartikel im örtlichen Real nach schwerem Hamsterbefall ausschaut:
Auch im Online Handel ist die Lage trostlos…
Bei Amazon ist man sich unsicher wann oder sogar OB(!) der Artikel Klopapier jemals wieder lieferbar sein wird. Bleibt die Möglichkeit sich in Fernost, der Werkstatt der modernen Welt, die bekanntlich alles produziert, mit Papier einzudecken. Wenn sie genau heute (20.03.2020) ihr Klopapier bestellen, können sie sich vielleicht schon Anfang Mai wieder den Hintern wie gewohnt abwischen.
Eine pragmatischere Lösung sieht vor, sich im Supermarkt nach gleichwertigen Ersatzprodukten umzuschauen. Etwa bei den Verbrauchsmaterialien für den Küchenbetrieb. Um die dort erhältliche Küchenrolle auf das Format eines handelsüblichen Klosettrollenhalters zu adaptieren und das soeben erbeutete Surrogat über einen möglichst langen Zeitraum zu strecken, empfiehlt sich ein Abstecher in den Baumarkt:
Küchenpapier ist vielleicht nicht ganz so flauschig wie 5-lagiges Luxusklopapier, dafür aber hinreichend Saugfähig und von akzeptabler Textur.
Aber bei dieser Alternativen warnt das Umweltbundesamt zur Vorsicht. Warum dem so ist kann jeder einfach nachvollziehen, der schon einmal ein Taschentuch in der Waschmaschine mitgewaschen hat: Ein dicker Klumpen verfilzte Pappmaché. Da solches Saugpapier darauf ausgelegt ist, größere Flüssigkeitsmengen unfallfrei aufzunehmen, löst es sich eben gerade nicht im Wasser auf. Anders als Klopapier. Das Resultat im schlimmsten Fall: Ein verstopfter Lokus.
Apropos Baumarkt: Von einer Substitution durch dort erhältliche Spezialpapiere rate ich ebenfalls ab. Sicherlich kriegt man mit solchen Hilfsmitteln die „hintere Warenausgabe“ blinkgewischt, allerdings putzt man vermutlich noch mehr weg, als nur den letzten Stuhlgang. Sollte es dennoch unumgänglich sein, immer dran denken: Nur eine sehr feine Körnung verwenden. Zumindest interessant ist der Ansatz mit der universal Allzweckwaffe des Heimwerkers, dem Wundermittel WD-40, ist aber wegen seinem hohen Gehalt an aliphatischen Kohlenwasserstoffen als nicht hautfreundlich abzulehnen.
Eine weitere Variante, die auf Spezialpapier setzt, aber ganz dem Minimalismus verschrieben ist, wird vermutlich am linken Niederrhein in der Hochburg des Karnevals populär sein, aber für alle Nicht-Narren sicherlich etwas zu mühselig sein:
Bewährt aus weniger glorreichen Zeiten der Geschichte: Zeitungspapier oder alte Telefonbücher sammeln und in kleine rechteckige Blättchen schneiden, an einer Ecke lochen und auf ein Stück Kordel aufziehen. Besser als nix, verstopft aber auch die Rohre und hinterlässt im ungünstigsten Fall Druckerschwärze auf dem Podex.
Eine relativ interessante Idee wurde mir auch aus dem Bekanntenkreis zugespielt, die direkt zwei aktuelle Probleme des Zeitgeschehens löst: Nur ein paar Wochen ist es her, dass die neue Bonpflicht die Gemüter erregte. Also, ich hoffe, Sie haben sich immer brav einen Kassenzettel aushändigen lassen, dann haben sie auch eine veritable Notreserve an Hochleistungs-papier. Das Bisphenol-A, welches im Thermopapier enthalten sein soll, ist zwar sicher nicht besonders gesund, aber vielleicht tötet es ja auch gleich alle anhaftenden Viren (eher unwahrscheinlich).
Bleibt noch die mittelalterliche Variante: Der Kacklappen, also ein feuchter Waschlappen um sich damit den Hintern abzuwischen. Ist sicherlich nicht die angenehmste Alternative, insbesondere nicht nach Vollbringung umfangreicherer Geschäfte. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Selfmade-Variante:
Am Besten gelöst haben es wohl die Franzosen mit ihrem Hockwaschbecken, dem Bidet. Oder die Japaner mit ihrer Hightech-Toilette dem Washlet/Dusch-WC. In beiden Fällen wird der Hintern mit einem Wasserstrahl abgespült. Sehr nachhaltig und einfacher in der Zuführung von Betriebsmitteln. Leider sind solche Vorrichtungen nicht Standard in deutschen Badezimmern, so dass man für dieses Szenario eben flott vom Pott in die Dusche überwechseln muss.
Es sei denn natürlich, sie bewohnen ein Studentenwohnheim, wie es 2005 in Münster/Gievenbeck üblich war: Die dort aus einem Guss gefertigten Plastikverschalungen des Badezimmers erlaubten (fast schon) Duschen und Klogang simultan auszuführen.
Aber auch dem, der nicht die Dusche verwenden will und nicht den Gartenschlauch durchs offene Badezimmerfenster führen will, kann sich hygienisch den Po abduschen. Dem portablen Bidet sei dank, welches auf den netten Namen HappyPo hört. Ähnlich einer Spritzflasche aus dem Labor, lässt sich nun mit dieser Vorrichtung die Hinterbacken befeuchten:
Betrachten wir aber nun mal den umgekehrten Fall. Mal angenommen sie haben sich frühzeitig mit ausreichend Klopapier eingedeckt um damit ein ganzes Bataillon zu versorgen. Ok, mal abgesehen von Stuhlgang im Gegenwert von 30 Jahren, was für Optionen existieren ?
Was stelle ich mit dem Klopapier an ?
Tatsächlich hat sich ein Großhändler für Toilettenpapier einmal die Mühe gemacht eine Statistik für alternative Anwendungsgebiete des „weissen Goldes“ gemacht. Auf welcher Datenbasis allerdings ist unklar:
Aber neben solch offensichtlichen Aktivitäten ist es gar nicht mal so unrealistisch das softe Papier als harte Währung einzusetzen. Wie sich in Krisensituationen bereits mehrfach gezeigt hat, bewähren sich begehrte Tauschobjekte manchmal gegenüber schnödem Geld.
Das Stichwort ist der sogenannte Graumarkt. Also Tauschhandel, der nicht illegal ist, aber fernab der gesetzlich regulierten Bahnen. Dabei werden z.B. schwer zu beschaffene Güter (hier: Toilettenpapier), gegen alles mögliche Andere eingetauscht, was das Herz begehrt. Glauben Sie nicht ? Ein Blick auf ebay-kleinanzeigen.de genügt:
Aber man kann auch Klopapier einsetzen, um dem zögerlichen Käufer den Kauf zu versüßen. Normalerweise kennt man das ja nur beim Wechsel von Stromanbietern, dass sie bei 2-jähriger Vertragsbindung noch ein IPad obendrauf packen:
Oder der Fall, wo die Verzweiflung jede Vernunft schlägt:
Und wiederum Angebote, die einen ratlos lassen:
Problem hier: Ist die Krise vorbei oder zumindest der Lieferengpass vorbei, sinkt auch der Kurs des Tauschobjekts. Das Klopapier aber zur Zeit definitiv als Wertgegenstand betrachtet werden muss, wird auch von offizieller Seite bestätigt:
Aber jetzt mal im Ernst… Hamstern ist Mist. Und beobachten wir hier nicht gerade das, was sonst von Allen massiv kritisiert wird ? Während die Einen sich im absoluten Überfluss aalen, reicht es bei den Anderen noch nicht mal zur Deckung des Grundbedarfs. Was also bei Geld unmoralisch ist, wird auch beim Toilettenpapier nicht unbedingt besser. Also liebe Leser, wie die Engländer schon in Krisenzeiten immer sagten: „Keep calm and Carry on“.
Ruhe bewahren, es kommen auch wieder bessere Zeiten !
Daniel Furrer: Wasserthron und Donnerbalken. Eine kleine Kulturgeschichte des stillen Örtchens. ISBN 3-89678-248-7. ↩
Rainer Gries: Waren und Produkte als Generationenmarker. In: Annegret Schüle, Thomas Ahbe, Rainer Gries (Hrsg.): Die DDR aus generationengeschichtlicher Perspektive. Eine Inventur. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2006, S. 271–304, hier S. 296 f. ↩
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