Das weiß ein jeder, wer´s auch sei, gesund und stärkend ist das Ei. — Wilhelm Busch
Sofern man nicht gerade den medialen Output des Vatikans aktiv mitverfolgt, sollte man angesichts der Heerscharen von Hasen, Eiern und Küken nicht vermuten, dass Ostern ein christliches Hochfest ist, bei dem den Leiden Christi und vor allen Dingen der Auferstehung Jesu gedacht wird.
Während Weihnachten jedes Jahr auf das selbe Datum fällt (24. Dezember), verhält es sich mit dem Osterdatum weitaus komplexer, da es ein bewegliches Fest ist (und zudem noch den Bezugspunkt für alle anderen beweglichen Kirchenfeiertage darstellt). Der Tag ist jedoch nicht willkürlich gewählt, sondern wird streng nach Regel ermittelt:
Die Aufgabe liest sich einfach und kurz: „Man bestimme den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling.“ Der Vorgang zur Lösung ist jedoch anspruchsvoll und nicht einfach überschaubar[…]
https://de.wikipedia.org/wiki/Osterdatum#Methoden_der_Osterberechnung
Der Grund: Jesus starb am Tag des ersten Frühlingsvollmondes. Da unser Kalender sich aber nach der Sonne orientiert, wandert das exakte Datum. Darüber hinaus, hat man sich darauf geeinigt, dass Ostern immer, entsprechend der Überlieferung immer auf die Tage Freitag, Samstag und Sonntag fällt. Wenn wir nun den 21. März als den von der Kirche definierten Frühlingsbeginn annehmen, kann man sich vorstellen, dass die Ermittlung des Termins recht komplex werden kann:
Dementsprechend war im Mittelalter die Kalendererstellung (Computus) eine wichtige Disziplin der Mathematik, bei der unter Zuhilfenahme verschiedener Parameter und Tabellenwerken nach einem ausgetüftelten Algorithmus unter Anderem der Ostertermin berechnet wurde.
Erst der Mathematiker Carl Friedrich Gauss (das ist der Herr, dessen Antlitz auch den 10 DM Schein zierte) machte sich die Mühe den recht komplexen Vorgang des Computus in Form einer algebraischen Formel abzubilden, die auch ohne Kenntnis der komplexen Gesetzmäßigkeiten angewendet werden kann.
Und obwohl heute die Erstellung des offiziellen Kalenders eine Aufgabe ist, die Vater Staat vorbehalten ist und in der Praxis von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt durchgeführt wird, richtet man sich in letzter Konsequenz doch nach der katholischen Kirche, was das Osterdatum angeht.
Osterhase & Co.
Steht der Termin erstmal fest, dann können die Feierlichkeiten losgehen. Sieht man einmal vom christlichen Hintergrund ab, dann ist die Ostereiersuche sicher eines der ersten Dinge, die einem in den Sinn kommen.
Das Ei ist schon seit altersher ein Symbol für Fruchtbarkeit und Geburt bzw. Wiedergeburt. Ein Symbol wie es prima in den Frühling passt. Schon in den Gräbern der alten Sumerer und Ägypter findet man bemalte und dekorierte Straußeneier.
Da das Thema Wiedergeburt / Auferstehung natürlich auch prima zum Christentum passt, fiel es der Kirche nicht schwer, diesen Brauch einfach zu adoptieren, wie man an einem österlichen Eiersegen aus dem 17. Jahrhundert sehen kann:
„Segne, Herr, wir bitten dich, diese Eier, die du geschaffen hast, auf dass sie eine bekömmliche Nahrung für deine gläubigen Diener werden, die sie in Dankbarkeit und in Erinnerung an die Auferstehung des Herrn zu sich nehmen.”
Das Osterei hatte früher auch eine ganz praktische Bedeutung, als sog. Zinsei. Die Bauern mussten früher zum Ende des Zinsjahres ihren Pachtzins an den Grundbesitzer abführen. Da man in der vorösterlichen Fastenzeit keine Eier aß, bot es sich an diesen Zins in Form von Eiern abzuleisten. Diese wurden dann, der besseren Haltbarkeit wegen (40 Tage Fastenzeit !) hart gekocht und zur besseren Unterscheidung von rohen Eiern mit Rotebeete eingefärbt. Solche Eier wurden auch von der Kirche als Schenkei an arme Leute und Kinder abgegeben, ein Brauch der im heutigen Osterei erhalten geblieben ist.
Wie kommt das Osterei aber zum Empfänger ? Mit Hilfe des Osterhasen natürlich. Dies mag befremdlich erscheinen, da Hasen als Säugetiere keine Eier legen. Die Erklärung wie der Hase zu den Eiern kam, ist leider im Dunkel der Historie verschwunden. Wenn man den Heiden fragt, wird er antworten, dass der Hase aufgrund seines zahlreichen Nachwuchses seit jeher als ein Fruchtbarkeitssymbol galt. Wem eine eher christliche Auslegung lieber ist, mag sich auf das Drei-Hasen-Bild berufen, bei dem drei Mümmelmänner einträchtig nebeneinander sitzen und sich jeweils ein Ohr mit ihrem Nachbarn teilen. Ein Sinnbild für die heilige Dreifaltigkeit.
Dabei sei angemerkt, dass der Osterhase nur der durchsetzungsfähigste einer ganzen Riege von Ostertieren ist. So brachte in der Schweiz der Kuckuck, in Westfalen der Osterfuchs, in Thüringen der Storch und in Böhmen der Hahn die Ostereier. Während eine Reihe dieser Tiere, den Osterhasen eingeschlossen, keine Eier legen, sind sie aber immer noch agil genug, dass man ihnen die Auslieferung von Eiern potentiell zutraut. In eher katholisch geprägten Gegenden hört man aber auch, dass zu Ostern die Glocken nach Rom fliegen (zwischen Karfreitag und Ostersonntag schweigen die Glocken nämlich), um dann bei ihrer Rückkehr den braven Kindern bunte Eier mitzubringen. Eine fliegende Glocke, die auch noch Eier bringt ? Dann doch lieber eine Glucke.
Warum man nun die Eier suchen muß und nicht direkt auf die Türschwelle gelegt kriegt, ist auch ein Mysterium der Geschichte. Denkbar wäre, dass der ursprünglich heidnische Brauch des Eierschenkens der Kirche ursprünglich ein Dorn im Auge war und man diesen Brauch im Verborgenen praktizieren musste.
Von den Ostereiern
Ostereier gibt es ja in den verschiedensten Formen. Heutzutage besonders beliebt, wenn sie aus Schokolade gemacht sind, in früheren Zeiten vornehmlich als hartgekochte Eier in aller Munde. Wem das Alles zu kalorienreich ist und/oder auf exklusive Extreme steht, mag sich am zaristischen Russland orientieren. Denn keine ernstzunehmende Abhandlung über das Osterei ist vollständig ohne auf die legendären Fabergé-Eier zu sprechen zu kommen. So hatten es sich Zar Alexander III. und später auch sein Sohn Nikolaus II. zur Angewohnheit gemacht, ihren Gemahlinnen Ostereier aus der Werkstatt des Hofjuweliers Peter Carl Fabergé zu schenken. Diese Eier waren nur aus kostbarsten Materialien gefertigt und waren Jedes ein Kunstwerk sondergleichen. Von diesen Ostereiern der Superlative geht selbst heutzutage eine derartige Faszination aus, dass Sammler auf Auktionen bereit sind 12.5 Mio. € für ein Fabergé-Ei zu zahlen.
Doch bleiben wir bei den gewöhnlichen Ostereiern. Neben dem bloßen Verzehr, lässt sich aber mit den Eiern noch so einiges Andere Anstellen.
In meiner Kindheit im Rheinland war eine beliebte Aktivität das sogenannte Eiertitschen (Achtung, liebe Sachsen: Nicht mit Ditschen verwechseln !). Hierbei nehmen zwei Kontrahenten ein Osterei zur Hand und hauen, sprich titschen, die Ostereier mit der Spitze gegeneinander. Derjenige, dessen Ei unversehrt bleibt, gewinnt und behält beide Eier. Entscheidend ist hierbei neben dem Stoßwinkel natürlich die Beschaffenheit, d.h. Härte und Dicke der Schale, des Eis. Besonders empfehlenswert sind dabei Eier junger Hühner, da hier der hohe Proteinanteil in der Schale, diese stabiler macht, als die einer alten Legehenne.
Man sollte es mit seinem Gewinner-Ei (oder seiner Gewinnerei ?) nicht übertreiben, da sonst schnell der Vorwurf von unsportlichem Verhalten aufkommt, wie z.B. der illegale Einsatz eines unkaputtbaren Gipseis.
Ostereierschieben, Easter Egg roll… Diesen österlichen Aktivitäten ist gemein, dass hier die Ostereier in der einen oder anderen Form auf Distanz gerollt werden. Beim Ostfriesischen Eiertrullern z.B. werden die Eier den Deich hinabrollen gelassen (oder von wagemutigen hinab geworfen). Pro Runde scheidet das Ei, dass am kürzesten gerollt ist aus, sowie alle kaputten Eier und solche die in der Nordsee verschwunden sind. Sieger ist der Besitzer des letzten verbleibenden Eis. So zusagen Last man Standing mit Ostereiern.2
In den USA ist der White House Easter Egg roll ein beliebtes Event für Kinder in Washington, DC. Im Rahmen eines Kinderfests, werden beim eigentlichen Egg roll Ostereier nach Art eines Wettrennens von Kindern mit langstieligen Löffeln über den Rasen vor dem Weißen Haus bugsiert. Als Andenken gibt es ein vom amtierenden Präsidenten und seiner First Lady signiertes Holzei für alle Teilnehmer. Während das Souvenir der Obamas sich großer Beliebtheit unter Sammlern erfreut, ist zweifelhaft ob die Ausgabe mit Donald Trump Signatur ähnlich populär ist.
In der Schweiz, in Zürich, findet das sogenannte Zwänzgerle statt. Hier präsentiert ein Kind einem Erwachsenen ein hartgekochtes Osterei, woraufhin dieser versucht eine Zwanzigrappenmünze so zu werfen, dass diese im Ei stecken bleibt. Gelingt dies nicht, was wohl der Normalfall sein dürfte, darf das Kind die Münze behalten, andernfalls geht das beschädigte Ei an den Werfer.
Zum Abschluss möchte ich noch auf die Herkunft des sogenannten Eiertanzes, dem Sinnbild für übertrieben vorsichtiges oder kompliziertes Herumhantieren zu sprechen kommen. Was sich ursprünglich dahinter verbirgt, wird gut auf dem gleichnamigen Bild des niederländischen Künstlers Pieter Aertsen wieder gegeben. Man beachte den jungen Mann im weißen Hemd auf der rechten Bildseite:
Ziel dieses österlichen Spieles war es, mit den Füßen ein in einer Schüssel befindliches Ei unbeschadet auf den Boden zu schütten und anschließend besagte Schüssel darüber zu decken. Dabei durfte weder der um das Spielfeld gezogene Kreidekreis übertreten, noch die ausgelegten zerbrechlichen Objekte zertreten werden. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass dies mit einem ziemlichen Herumgefuhrwerke einher ging. Selbst in Johann Wolfgang von Goethes Bildungsroman Wilhelm Meisters Lehrjahre vollführt die Figur der Mignon einen Eiertanz, weniger als Spiel sondern mehr als Kabinettstückchen:
Sie brachte darauf vier Lichter, stellte eins auf jeden Zipfel des Teppichs. Ein Koerbchen mit Eiern, das sie darauf holte, machte die Absicht deutlicher. Kuenstlich abgemessen schritt sie nunmehr auf dem Teppich hin und her und legte in gewissen Massen die Eier auseinander, dann rief sie einen Menschen herein, der im Hause aufwartete und die Violine spielte. Er trat mit seinem Instrumente in die Ecke; sie verband sich die Augen, gab das Zeichen und fing zugleich mit der Musik, wie ein aufgezogenes Raederwerk, ihre Bewegungen an, indem sie Takt und Melodie mit dem Schlage der Kastagnetten begleitete. Behende, leicht, rasch, genau fuehrte sie den Tanz. Sie trat so scharf und so sicher zwischen die Eier hinein, bei den Eiern nieder, dass man jeden Augenblick dachte, sie muesse eins zertreten oder bei schnellen Wendungen das andre fortschleudern. Mitnichten! Sie beruehrte keines, ob sie gleich mit allen Arten von Schritten, engen und weiten, ja sogar mit Spruengen und zuletzt halb kniend sich durch die Reihen durchwand.
Eine etwas andere Variante, die gut frühjährlichen Fruchtbarkeitsriten harmoniert, ist folgende Variante des Eiertanzes: Zahlreiche Eier werden auf einer Tanzfläche ausgelegt, während ein junges Liebespaar mit verbundenen Augen dazwischen miteinander tanzt. Gelingt es den Tanz zu vollführen, ohne ein Ei zu zerbrechen, dann gelten die beiden als Verlobt. Selbst abgeneigte Brauteltern können einer solchen Verlobung nicht widersprechen.
Doch egal ob sie die Ostereier nun essen oder der Cholesterinersparnis wegen drum herum tanzen, wünsche ich dem Leser ein frohes und fröhliches Osterfest !