Maß für Maß

Es ist hinlänglich bekannt, dass der Naturwissenschaftler gerne misst und quantifiziert. Doch auch im Alltag sind wir von Maßeinheiten umgeben. Beim Kochen und Backen, wenn es darum geht Zutaten abzuwiegen (Masse, kg), im Möbelhaus, wenn wir Länge x Breite x Höhe (Meter) messen, um zu schauen, ob das neue Regal ins Wohnzimmer passt… Für jede Größe, mit der sich unsere Welt beschreiben lässt, gibt es die passende Maßeinheit:

Größe Maßeinheit Bsp.
Länge Meter Regale, Autobahnstrecke
Masse Kilogramm Kochen, Einkaufen
Zeit Sekunde Eier kochen
Volumen Liter Tanken
Spannung Volt Batterien
Leistung Watt Glühbirne

Es wird speziell: Wie man einen Geruch misst…

Mit den Maßeinheiten, die man in jedem Physikbuch nachschlagen kann, sollte man ja alle Eventualitäten abgedeckt haben. Hin und wieder jedoch kommt es vor, dass man auf eine Größe stößt, die das SI-System und die daraus abgeleiteten Einheiten nicht abdecken. Wie würden sie zum Beispiel die Intensität eines Geruchs messen ? Diesem Problem hat sich der dänische Professor Ole Fanger 1988 angenommen und die Maßeinheit Olf (von lat. olfactus ‚Geruchssinn‘) erfunden. Jede Einheit will jedoch definiert sein: Nehmen wir zum Beispiel das Celsius (Temperatur) so entspricht 1 °C 1/100 des Temperaturbereichs zwischen Gefrieren (0 °C) und Sieden (100 °C) von Wasser.

1 Olf ist demnach definiert als die Geruchsbelastung, die von
einem Normmenschen (erwachsene Person mit einem Hygienestandard von 0,7 Bädern pro Tag, 1,8 m² Hautoberfläche und bei sitzender Tätigkeit) ausgeht. Dies eskaliert dann vom 12-jährigen Kind das es schon auf 2 Olf bringt, über den starken Raucher mit 25 Olf bis hin zum offenbar gut durchgeschwitzten Athlet nach dem Sport mit 30 Olf.

Man lebt gefährlich…

Achtung Gefahr !
Ähnlich diffus ist das Messen von Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit durch eine Handlung oder ein Ereignis das Zeitliche zu segnen (ins Gras zu Beißen, abzunippeln, zu sterben). Beträgt die Wahrscheinlichkeit 1:1.000.000 spricht man von einem Micromort. Durch Betätigung diverser Statistiken lässt sich dann ermitteln, wodurch wir 1 Micromort erhalten:

  • 1,4 Zigaretten rauchen
  • 0,5 L Wein trinken (Leberzirrhose)
  • 40 Esslöffel Erdnussbutter essen (Tod durch Aflatoxin B)
  • 6 Minuten Kanu fahren (Unfall)
  • 370 km Auto fahren
  • 1609 km mit dem Flugzeug reisen (Absturz)
  • 9656 km mit dem Flugzeug reisen (Tod d. kosmische Strahlung)
  • 1 Tablette Ecstacy
  • 0,14 Fallschirmsprünge (1 Sprung = 7 µMort)

Den Mount Everest zu besteigen resultiert übrigens in 35.000 Micromort. Einen umfangreicheren Katalog kann man übrigens Wikipedia entnehmen.

Von malerischen Schafen und 1000 Schiffen…

Während diese Maßeinheiten tatsächlich in der Realität Anwendung finden, gibt es auch allerhand was mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist…

Für das Abmessen von ultra-kurzen Längen lässt sich z.B. die sogenannte Bart-Sekunde verwenden, eben die Länge, die ein Barthaar angeblich in 1 Sekunde wächst. Geht man (laut Wikipedia) von einem Bartwachstum von 2,8 mm je Woche aus, entspricht dies etwa 5 nm.

Ebenfalls eine recht interessante Längeneinheit ist das Sheppey, welches mit 1.4 km (7/8 Meile) etwa der Distanz entspricht, in der ein Schaf noch malerisch wirkt.

Hat ihr Auto zu wenig Bumms unter der Haube aka zu wenig Pferdestärken ? Probieren sie’s mal mit der Eselstärke (1/3 PS, 250 W), dann sieht der Zahlenwert schon ganz ansehnlich aus.

Pseudowissenschaftliches Geschwurbel lässt sich übrigens auch messen. Hierzu dient der sog. Crackpot-Index oder aber das Canard (Wortspiel auf das englische Wort quackery für Quacksalberei/Schwindel).

Ließ 1000 Schiffe in See stechen – Die schöne Helena

Schon mein Physiklehrer fabulierte mal von einer Maßeinheit für Schönheit gemessen in S (100 S entsprechen dabei dem Aussehen unseres Altkanzlers Helmut Kohl im Jahre 1996). Doch kam er mit seiner Erfindung zu spät: Der britische Dramatiker Christopher Marlowe definierte bereits 1592 mit den Worten Was this the face that launched a thousand ships / And burnt the topless towers of Ilium? ein Maß für Schönheit in dem er das liebliche Antlitz der schönen Helena beschrieb. 1 Helen entspricht eben dem Quantum Schönheit, dass 1000 Schiffe in See stechen lässt. Zusätzlich lässt sich auf damit auch Hässlichkeit damit messen: -1 Helen treiben dabei 1000 Schiffe auf eine Sandbank.

Schaufensterbummel im Netz

imageWie schon erwähnt ist Amazon längst kein Spezialversand mehr, der ausschließlich Bücher offeriert. Neben Medien aller Sorten und einer Unzahl an mehr oder minder nützlichen Dingen, stolpert der aufmerksame Online-Schaufensterbummler auch über Waren, die einen nur stumm Staunen lassen.

Fangen wir mal mit der Rubrik Medien an. Die gute alte Kaminfeuer-Endlos-DVD kennt ja mittlerweile jeder. Gibt’s in jedem Elektronikmarkt, also nix Wildes. Wenn sie jedoch die anspruchslose Dauerberieselung in ihrem Wohnzimmer aufs nächste Level heben wollen empfehle ich diese cineastische Perle: Waschmaschinen-Impressionen.

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Achtung! Dies ist keine Reinigungs-DVD für Ihren DVD-Player, auch wird Ihr
Bildschirm durch das Abspielen dieser DVD nicht wirklich sauberer!
Entspannen Sie sich einfach nur beim Betrachten dieser DVD mit den
verschiedenen Waschmaschinen.— Produktbeschreibung Waschmachinen-Impressionen auf Amazon.de

Nun, manche Leute scheinen eine etwas eigenwillige Definition von Entspannung zu haben. Entspannung stellt sich in meinem Fall erst ein, wenn die Wäsche frisch gewaschen wieder im Kleiderschrank ruht. Obwohl die Rezensionen durch die Bank gut sind, immerhin 4,5 Sterne, bemängelt ein User:

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Kondenswasser am Flachbildfernseher ? Irgendwie unschön. Aber immerhin erfrischender als das Kaminfeuer. Insgesamt also eine saubere Sache und demnach ohne Altersbeschränkung freigegeben. Wer es hingegen eher so richtig schmutzig mag, sollte zu diesem Artikel greifen:

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Elephant poo in a box.  Ein Elefanten-“Häufchen” in einer biologisch abbaubaren Schachtel, komplett mit den Samen einer Angel Rose. Und damit man den Duft der Rose auch voll auskosten kann, ist der Dung auch “odorless” also geruchslos. Gibts ebenfalls in den Modellen Rentier + Weihnachtsbaum und Rhinozeros + Bananenstaude. Einziger Wermutstropfen : Nicht geeignet für Kinder unter 3 Jahren. Was meinen die Kunden dazu ?

Wir haben alle drei Pakete ausprobiert und Nashorn schmeckt definitiv am
besten! Lasst die Finger weg vom Elefanten, hat irgendwie nen faden
Nachgeschmack. Außerdem war der Elephant von der Handhabung eher
unbrauchbar, da zu dünn! Rentier passt am besten zu einem Glas Weißwein und mit einem schönen Stück Käse. Würde ich auf jeden Fall wieder kaufen.–Danieldee auf Amazon.de

Ob der Hersteller allerdings diesen Artikel zur oralen Anwendung vorgesehen hat, ist eher fraglich. Wenn sie allerdings auf krassen Scheiß zum Essen stehen, sollten sie sich vielleicht mal die Milch-Kackao-Kakao-Creme “Stuhlgang” angucken. Wie ging noch der alte Witz ? “Wie stellt man aus Bärenscheiße Nussnougat-Creme her ? Keine Ahnung, aber braun und streichfähig ist sie schon mal…”

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Mit diesen Impressionen aus der bunten Welt des Online-Shoppings geben wir zurück ins Funkhaus.

Feuer frei – Capsaicin

Nur wenige Moleküle besitzen eine regelrechte Fangemeinde… Und viele davon gehören leider dem Bereich der verbotenen Substanzen an… Ein frei verfügbares Molekül, für das die Leute im wahrsten Sinne des Wortes ‚Feuer und Flamme‘ sind, ist Capsaicin (oder: (E)-N-(4-Hydroxy-3-methoxybenzyl)-8-methyl-6-nonensäureamid), jener Bestandteil von Chillischoten, die ihnen ihre unverkennbare Schärfe verleiht.

Capsaicin ist ein Alkaloid, das seinen Namen von der lateinischen Bezeichnung capsicum, dem Gattungsnamen für die Paprika-Gewächse, erhielt. Jenen Pflanzen, in denen dieser „Scharfmacher“ natürlich vorkommt. Wie kommt es nun, dass Mutter Natur ihre chemische Synthesemaschinerie aktiviert und Paprika & Chili einen solchen feurigen Charakter verleiht ? Hierfür gibt es zwei Theorien:

  1. Vögel vs Säugetiere – Eine Frage der Fortpflanzung

    Ein interessanter Umstand ist, dass nur Säugetiere Capsaicin als scharf empfinden. Nicht jedoch Vögel, deren Nervenzellen anders aufgebaut sind. Auf diese Art und Weise werden Säugetiere vom Verzehr der scharfen Schoten abgehalten, während Vögel sich unbeeinträchtigt daran schadlos halten können. Der Vogel kann im Fluge nun weitere Strecken auf die Schnelle überbrücken und sorgt so für eine weite Verbreitung der mitverzehrten Paprikasamen mittels Vogelschiss. Weitaus effektiver, als dies durch die am Boden lebenden Säugetiere bewerkstelligt werden könnte.

  2. Chemische Keule gegen Pilze

    Theorie 2 fußt auf dem Entdeckung, dass Paprika-Arten, die in Arealen mit hohem Befall durch Pilze der Gattung Fusarium wachsen, einen höheren Gehalt an Capsaicin besitzen, das ein natürliches Fungizid ist. Scharfe Chilis besitzen somit einen effektiveren Schutz vor Pilzen, als solche ohne. Den Rest erledigt die Evolution.

Diesem Naturstoff kommt nun ein gesteigertes Interesse vieler Menschen zu, da er in kulinarischem Sinne ein feuriges „Geschmacks“erlebnis bereitet. Geschmack steht hier in Anführungszeichen, weil es sich bei Capsaicin entgegen landläufiger Meinung kein Aromastoff ist. Scharf ist kein Geschmack, wie Süss, Sauer, Bitter, Salzig oder Umami, sondern eine Art Schmerzempfindung, die dem eines Hitzereizes nahe kommt. Ein Umstand den man sich auch bei der Herstellung von Wärmepflastern in der Pharmazie zu Nutze macht. Neben dem typischen brennen kommt es zu einer verstärkten Durchblutung und zur Ausschüttung von Endorphinen, den allseits beliebten körpereigenen kleinen Glücklichmachern – ein Effekt der auch „Pepper-high“ genannt wird. Vermutlich auch ein Grund warum scharfe Chilis so beliebt sind. 🙂

Medizinisch ist Capsaicin natürlich auch interessant… Nicht zuletzt in Form von Wärmepflastern. Entsprechende Präparate sollen auch bei Rheumaleiden sehr effektiv sein…


Currywurst, Berlin Stil – by Rainer_Zenz
Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Currywurst-1.jpg

Doch zurück zum scharfen Essen. Ein Nahrungsmittel, das in jüngerer Vergangenheit verstärkte Aufmerksamkeit von Capsaicin-Connoisseuren genießt, ist die Currywurst, welche von spezialisierten Currywurst-Buden in zahlreichen Schärfegraden von gar nicht scharf bis Inferno anbieten. Als Beispiele seien hier z.B. das im Hessischen wohl bekannte „Best Worscht in Town“ oder aber Curry24 das hier in Dresden zu finden ist. Dort stößt man auf so klangvolle Namen wie Mundorgasmus, Godfather’s Deathkiss oder „Da Bomb – The final answer“ in Verbindung mit Schärfeangaben wie 1000000 SCU….

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Quelle:
http://www.bestworschtintown.de/

SCU ? Wird sich der Laie jetzt fragen. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich die sogenannte Scoville Heat Unit, eine von Wilbur Scoville eingeführte Maßeinheit für Capsaicin-induzierte Schärfe. Konkret verbirgt sich hinter dieser Zahl die Anzahl an Tropfen Wasser, die benötigt werden um ein bestimmtes Quantum eines Chilliextrakts soweit zu verdünnen, dass die Schärfe nicht mehr spürbar ist. Dabei entspricht ein SCU Wert von 16 Millionen reinem Capsaicin ! Dieses Vorgehen hat allerdings den Haken, dass man das Ganze von Testschmeckern verkosten lassen muss. Da bekannter Maßen jede Person eine unterschiedlich ausgeprägte Toleranz gegenüber Schärfe besitzt, ist dies ein recht ungenaues Verfahren. Ausserdem wären bei einem 1 Teil reinem Capsaicin 16 Mio. Teile Wasser zum verdünnen notwendig. Bei 1 Teil = 1 mL bräuchte man 15.000 Liter Wasser ! Daher behilft man sich heute mit instrumenteller Analytik, genauer gesagt HPLC, um die SCU zu ermitteln.

Um sich den Maßstab mal etwas besser zu veranschaulichen:

  • 0 – 10 Gemüsepaprika
  • 100-500 Peperoni
  • 1000-10000 Sambal Oelek
  • 2500-8000 Jalapeno Schote
  • 30000-50000 Cayenne-Pfeffer
  • 1 Mio. Bhut Jolokia Chili (bis 2012 die schärfste Chili der Welt)
  • 2 Mio. Trinidan moruga scorpion (neuer Rekordhalter)
  • 2 Mio. handelsübliches Pfefferspray
  • 9 Mio. Mad Dog 357 No. 9 Plutonium – einer der schärfsten Chiliextrakte der Welt
  • 16 Mio. Blair’s 16 Million Reserve – Reines Capsaicin (Sammlerstück für echte Fans – nicht für den Verzehr gedacht)

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„Trinidad moruga scorpion ripe ready to pick“ by Tparsons –
Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Trinidad_moruga_scorpion_ripe_ready_to_pick.jpg#/media/File:Trinidad_moruga_scorpion_ripe_ready_to_pick.jpg

Überhaupt, was es so an Chilisaucen für den Schärfe-Enthusiasten gibt ist schon enorm. Nehmen wir z.B. die oben erwähnte Plutonium-Sauce… Stolze 109 € für 28 g dieses infernalischen Gebräus verlangt der Fachhändler.

Der streng limitierte Extrakt ist extrem zähflüssig, mehr Paste als Sauce. Das macht ihn extrem schwierig zu dosieren, weshalb wir Ihn für den Verzehr nicht empfehlen. Im formschönen Display-Karton ist er als Sammlerstück besser geeignet.

Wir sehen, das Zeug ist kein Spielzeug. Das verdeutlicht sich schon an den weiteren Warnhinweisen, die der Fachhändler chilibox.de dem potentiellen Käufer mit auf den Weg gibt:

  • Dieser Extrakt ist ein Speisenzusatz und darf keinesfalls pur verzehrt werden!
  • Dosieren Sie diesen Extrakt extrem sparsam und verwenden Sie ihn ausschließlich stark  verdünnt!
  • Haut- und Augenkontakt sind unbedingt zu vermeiden!
  • Verabreichen Sie diesen Extrakt niemandem ohne dessen Wissen und Zustimmung!
  • Halten Sie ihn von Kindern und Jugendlichen fern!

Könnte auch auf einer Chemikalienflasche stehen, die der Fachmann dann mit entsprechenden Gefahrstoff Etiketten kennzeichnen würde. Bei reinem Capsaicin wäre das immerhin:

H301 – Giftig beim Verschlucken, H315 – Verursacht Hautreizungen, H317 – Kann allergische Hautreaktionen hervorrufen, H334 – Kann beim Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen… Das Zeug hats also in sich. Aber dann ist das o.g. Extrakt auch kein reines Capsaicin und ohnehin nur verdünnt und mit entsprechender Vorsicht zu benutzen. Immerhin, schärfer als Pfefferspray, das auch auf Capsaicin setzt. Diese Präparate, nur zur Tierabwehr verkauft, sollten auch nicht leichtfertig eingesetzt werden, da sie als Waffe eingestuft werden ! Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, das Pfefferspray – oder Capsaicin im Allgemeinen – in Kombination mit Rauschmitteln sehr unschöne Effekte besitzt… So kann sich die Letalität von Kokain bis um den Faktor x4 verstärken, wenn der Konsument mit Pfefferspray besprüht wird. Über entsprechende Fälle wurde berichtet.

Doch wir wollen ja nicht direkt das Schlimmste annehmen. Doch was tun, wenn die Currywurst mal wirklich zu scharf war ? Aufgrund der guten Fettllöslichkeit des Capsaicins soll Olivenöl gut helfen. Ebenso bewährt ist auch ein schönes Glas kalte Milch. Das kühlt und das enthaltene Casein soll das Capsaicin binden. Erstaunlicher Weise soll eine 10 % Zuckerlösung auch gute Dienste leisten. Wasser hingegen ist, bis auf einen kühlenden Effekt, relativ nutzlos. Hier müsste man erst die Seife hinzunehmen: auch keine gute Lösung, wenn der Mund brennt. Alkohol kann man auch als Lösungsmittel nehmen… Vielleicht ist das ja auch eine Erklärung dafür, warum die Mexikaner gerne Tequila mögen 🙂

Ich geh mit meiner Laterne I

Wenn ich an den Kindergarten/Grundschule zurück denke, ist mir unter Anderem eine Sache besonders lebhaft in Erinnerung geblieben: St. Martin & der zugehörige Laternen-Umzug. Schon der Schulunterricht war im Vorfeld stark von diesem Fest geprägt, denn die Laternen für den Umzug wollen ja schließlich auch gebastelt werden. Dies bedeutete natürlich jedesmal eine wahre Schlacht mit Schere, Kleber, Fotokarton und farbigem Transparentpapier. Bedingt durch die an die ganze Klasse ausgegebene Themenvorgabe/Bastelanleitung, war dann jede Grundschulklasse beim Laterne laufen dann gut zu unterscheiden.

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Ein weiterer wichtiger im Vorfeld zu klärender Aspekt ist natürlich die Frage, wie man die Laterne beleuchtet: elektrisch oder traditionell mit Kerze. Da offenes Feuer in Verbindung mit Papier bei mir schon seit jeher einen gesunden Respekt hervorgerufen hat, fiel die Wahl bei mir immer auf den batteriebetriebenen Fackelstock. Da dieser aber offenbar gefühlt jedes Jahr kurz vor St. Martin eine mittelschwere Funktionsstörung hatte musste, für meine Schwester oder mich, mindestens ein neuer herbeigeschafft werden.

Ebenso gehörte zur schulischen Vorbereitung auf das Event das Einstudieren des traditionellen Liedguts: Das „St. Martins-Lied“ war natürlich Pflicht (Ich war schließlich auf einer katholischen Grundschule…) und wurde entsprechend ergänzt durch „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne…“, „Ich geh mit meiner Laterne“, „Durch die Strassen auf und nieder“, „Lasst uns froh und munter sein“, „Bunt sind schon die Wälder“ und (etwas mundartliches muss ja auch dabei sein) „Loop, Möller, loop !“
Höchster Schloß Tor St Martin
Der St. Martins Abend fing dann erst mal mit einem ökumenischen Gottesdienst an, an welchen sich dann der Laternenumzug von der Kirche durch das Viertel bis zur Grundschule anschloß. Vorne vorweg der hl. Martin hoch zu Roß in seiner glänzenden römischen Legionärsrüstung, hinten dran eine Blaskapelle zur musikalischen Begleitung des Gesangs. An der Schule endete der Umzug dann am großen Martinsfeuer, wo dann die Sage vom hl. Martin, der seinen warmen Mantel mit dem Schwerte teilt und eine Hälfte einem Bettler schenkt, der damit vor dem Erfrierungstod gerettet wird, schauspielerisch reinszeniert wird.

Weckmann

An dieser Stelle betritt nun der zweite Held des Abends die Bühne: der Weckmann oder Stutenkerl. Ein aus süßem Milchweißbrot (Weck) gebackener Mann, der typischerweise mit einer kleinen Tonpfeife verziert ist. (In etwas luxuriöseren Varianten auch mit Rosinen, Mandeln und Zuckerguss erhältlich) Dieses Gebäck wird im Rheinland traditionell zu St. Martin gebacken (und schmeckt besonders gut mit Nutella) Im Anschluss an unseren Grundschulumzug erhielt jedenfalls jedes Schulkind einen solchen Weckmann zum späteren Verzehr.

Für viele Kinder folgte dann das Martinssingen, also von Tür zu Tür zu ziehen und den dortigen Bewohnern ein Martinslied vorzusingen und damit um Süßigkeiten zu erbitten. Bei meiner Familie fiel dieser Teil des Brauchtums aus, es folgte eine andere schöne Tradition: der Martinsgänsebraten mit Rotkohl und Klößen.

Wer nun eine althergebrachte Tradition hinter dem ganzen vermutet hat nur teilweise recht. Der religiöse Bezug, also der Appell an die christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit ist noch gar nicht so alt. Diese wurde größtenteils erst nach dem 1. Weltkrieg im Rheinland mit älteren Gebräuchen zum Martinstag verheiratet. Laternenumzüge, Martinsfeuer, Festschmaus mit Gans und das Heischelaufen der Kinder gab es aber schon vorher.

Der Martinstag am 11. November markierte übrigens den Beginn der Fastenzeit vor Weihnachten. Deswegen wurde am 11. November noch mal ordentlich geschlemmt, schon allein um alle nicht Fasten-kompatible Lebensmittel zu verbrauchen. (Man beachte parallelen zur Fastnacht, zu der man auch noch mal vor Aschermittwoch so richtig die Schwarte knacken lässt)

Nun ist das Rheinland auch eher eine Region mit hohem Anteil an Katholiken. Nun sind allzu religiöse Gebräuche wohl in letzter Zeit eher auf dem Rückmarsch. So hat sich, auch im Rheinland, mittlerweile das aus dem englischsprachigen Raum importierte Halloween bei uns etabliert. In Teil II dieses Artikels möchte ich mich also dieser Alternative einmal widmen. Stay tuned…