Heute befassen wir uns mit einer Fun-Sportart aus – wie sollte es auch anders sein – den USA: dem Seifenkistenrennen. Gemeint ist jene Art des Rennsports, bei dem sich der Rennfahrer gänzlich ohne Motor, nur voran getrieben durch die sogenannte Hangabtriebskraft, in einem selbstgebauten Gefährt auf eine Wettfahrt begibt. Der Name Seifenkiste stammt aus den 1930er Jahren, als in den USA Kinder aus den Holzkisten, in denen Firmen Seifen und Käse an den Einzelhandel lieferten, sich ihre eigenen Rennautos bauten und damit Wettfahrten veranstalteten.
Während den Seifenkisten gemein ist, dass sie vom Fahrer und seinem Team selbstgebaut sind, variiert die tatsächliche Gestalt des Renners von einer einem strengen Reglement unterworfenen Aufbau, bis zum wahrgewordenen gestalterischen Chaos. Und gerade letzteres besitzt für den Zuschauer einen ganz besonderen Reiz, da dem Auge so einiges geboten wird. Ein schönes Beispiel für ein solches eher spaßorientiertes, weniger ernstes Rennen ist der Dresdner Prix de Saloppe. Ausgetragen wird dieses Rennen am Dresdner Elbhang zwischen der Sommerwirtschaft Saloppe (Dresdens ältester Biergarten) und dem namensgebenden ehemaligen Wasserwerk Saloppe am Elbufer.
Um mal ein solches Seifenkistenrennen in Augenschein zu nehmen, habe ich mich letzten Samstag (04. Juli 2015) also an die stark abschüssige Rennstrecke begeben. Im Fahrerlager fiel schnell auf, dass die Bauvorgaben relativ liberal gefasst sind. Von relativ puristischen Rennern, die augenscheinlich eine gewissen Verwandschaft mit Fahrrädern besitzen ist alles vertreten bis hin zu einem relativ solide und gewichtig wirkenden Trabbi-Nachbau. Also flott mal einen Blick ins Regelwerk geworfen:
1. Die Objekte müssen Eigenbau sein und mit Muskelkraft vorwärts bewegt werden 2. Es dürfen keine Fortbewegungsmotoren oder -antriebe [...] verwendet werden (Ok, versteht sich von selbst, sonst ist es ja kein Seifenkistenrennen) 3. [...]Lenkung und Bremsen werden vor Ort abgenommen (Wichtig ! Wie wichtig, werden wir später noch sehen) 4. Fahrzeugaufbauten 1:1 aus den vergangenen Jahren werden nicht zugelassen... 5. Keine scharfen Kanten/Spitzen.
Und damit sind die technischen Auflagen auch schon erschöpfend besprochen. Zum Vergleich können hier die recht spezifischen Vorgaben des Deutschen SeifenKisten Derby e.V. eingesehen werden. Der weitere Ablauf ist relativ simpel: Gestartet wird auf einer schrägen Rampe und dann mäandert die Kiste die mit zwei scharfen Kurven versehene Strecke hinunter zum Ziel, kurz unterbrochen durch den Boxenstopp, an dem gehalten werden muss (zu spätes Bremsen und überfahren der Ziellinie kann mit Strafen belegt werden !) um eine Aufgabe zu erfüllen: Einwerfen dreier Red Bull Büchsen in verschieden große Löcher einer Zielwand. Je kleiner das Loch, desto mehr Zeitgutschrift gibt es !
Auf Anraten einer Informantin aus den Reihen der Streckenposten haben wir uns dann auch hinter der Bande am Boxenstopp postiert („Gute Sicht und spektakuläre Bremsmanöver !“).
20 Teams waren es insgesamt die zum Prix de Saloppe angetreten sind. Zunächst mechanisch hochwertige eher sportlich gehaltene Fahrzeuge. Auch kann man nicht wirklich von Seifenkisten sprechen. Vom physikalischen Standpunkt profitiert dieser Ansatz natürlich durch seinen geringeren Luftwiderstand, besitzt allerdings aufgrund des leichteren Gewichts natürlich die geringere Hangantriebskraft.
Höheres Gewicht allerdings, einmal in Schwung geraten, ist natürlich auch schwieriger wieder abzubremsen. So kam ein Nachgebauter Trabant zwar relativ flott die Piste entlang gerauscht, kam aber durch abruptes Bremsen und mangelnden Grip am Botenstoff ziemlich ins Schleudern und krachte ins Publikum. Ein dort vorsorglich platzierter Absperrzaun konnte allerdings Schlimmeres verhindern.
Es gibt natürlich auch „Seifenkisten“ bei denen der Konstrukteur völlig auf Aerodynamik pfeift, z.B. beim Modell Goldhelm, welches von den Dresden Monarchs ins Rennen geschickt wurde. Dies wurde dann allerdings durch eine schlagkräftige Entourage zum Anschieben wieder wett gemacht.
Besonders witzig war auch eine zum fahrbaren Mohrrüben-Acker umgebaute Blechwanne mit einem Indianer am Steuer und einem Möhrchen werfenden Hasen als Nachhut.
Ein Team der besonderen Sorte war auch „HipHop don’t stop“. Dieses Team kam dann eher gemächlich daher, dafür aber sehr bunt und sichtbar gut gelaunt. 🙂
Letztendlich bestimmt die herausgefahrene Zeit dann, in welcher Reihenfolge beim LeMans-Start, beim zweiten Lauf , der dann bergauf stattfindet, gestartet wird. Ein Unterfangen, dass es bei einer Temperatur von 36°C in sich hat. Hier ist eine leichte Kiste dann eher von Vorteil, da der Kraftaufwand hier geringer ist. Generell von Vorteil ist aber ein entsprechend grosses Team aus Anschiebern, nebst einer effektiven Vorrichtung, diese vor bzw. hinter die Kiste zu spannen.
Dies lässt sich z.B. durch eine rückwärtige Schubstange Modell „Kinderwagen“ erledigen oder nach der Methode Abschleppseil. Besonders effektiv sah dies dann bei den Footballern mit ihrem Goldhelm aus. Team „Olsenbande“ und „HipHop don’t stop“ haben sich dann die Mühe nicht gemacht und haben sich von einem Safety Car abschleppen lassen.
Fazit: Nicht so schnell wie die Formel 1, dafür aber um Einiges unterhaltsamer ! Ich werde nächstes Jahr wieder an der Piste stehen. 🙂